Ab dem 15. März 2022 wird eine Impfpflicht im Gesundheitswesen und in der Pflege gelten. Was ungeimpfte Beschäftige jetzt wissen müssen und worauf sie achten sollten.
1. Ausgangslage:
a. Impfpflicht ist Nachweispflicht
Die Änderungen im Infektionsschutzgesetz (IfSG) sehen unter anderem vor, dass in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen tätige Personen
- geimpft oder
- genesen sein oder
- ein ärztliches Zeugnis über das Bestehen einer Kontraindikation gegen eine Impfung gegen COVID-19 besitzen müssen.
Mit „geimpft“ ist ein vollständiger Impfschutz gegen das Corona-Virus gemeint. Was damit im Einzelnen gemein ist, kann sich bis zum 15. März 2022 durchaus noch ändern. Es kann dazu kommen, dass in einiger Zeit eine Grundimmunisierung nicht mehr als ein solche angesehen wird, sondern insgesamt drei Impfungen (Boosterimpfung) dafür notwendig sein werden.
b. Bestehende Arbeitsverhältnisse
Beschäftigte in bestehenden und bis zum 15. März 2022 eingegangenen Tätigkeitsverhältnissen müssen dem Arbeitgeber einen entsprechenden Nachweis vorlegen. Der Arbeitgeber hat das Gesundheitsamt unverzüglich zu unterrichten, wenn Beschäftigte ihrer Nachweispflicht bis zum 15. März 2022 nicht nachgekommen oder Zweifel an der Echtheit oder der inhaltlichen Richtigkeit des Nachweises besteht.
Wenn Beschäftigte in einem bestehenden Arbeitsverhältnis dieser Pflicht nicht nachkommen, das heißt, wenn sie keinen Nachweis vorlegen, entsteht daraus kein unmittelbares Beschäftigungsverbot. Vielmehr kann sich nun das Gesundheitsamt der Sache annehmen und folgende Maßnahmen veranlassen:
- eine ärztliche Untersuchung des Beschäftigten anordnen, ob tatsächlich eine Kontraindikation vorliegt und/oder
- Betretungs- bzw. Tätigkeitsverbot für den Betrieb erlassen.
c. Neu begründete Arbeitsverhältnisse ab 15. März 2022
Bei Begründung eines neuen Tätigkeitsverhältnisses ab dem 16. März 2022 muss der entsprechende Nachweis dem Arbeitgeber vor Aufnahme der Tätigkeit vorgelegt werden. Eine unterlassene Vorlage führt dazu, dass die Beschäftigten nicht beschäftigt werden dürfen. Es besteht also in diesem Fall ein unmittelbares Beschäftigungsverbot.
d. Zeitablauf der Zertifikate
Soweit ein Nachweis ab dem 16. März 2022 aufgrund Zeitablaufs seine Gültigkeit verliert, hat der Beschäftigte einen neuen Nachweis innerhalb eines Monats nach Ablauf der Gültigkeit des bisherigen Nachweises vorzulegen. Wenn der neue Nachweis nicht fristgemäß vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, muss der Arbeitgeber unverzüglich das Gesundheitsamt informieren; dies hat die Gelegenheit, erneut die vorgenannten Maßnahmen zu ergreifen. Es besteht für Beschäftigte wiederum kein unmittelbares Beschäftigungsverbot.
e. Befristung der Impfpflicht
Die Verpflichtung zur Vorlage des Nachweises besteht befristet bis zum 31. Dezember 2022. Ob die Regelung verlängert wird, ist noch offen. Aktuell sieht die Rechtslage vor, dass die Beschäftigten für einen Zeitraum von 9 1/2 Monaten einen Nachweis vorlegen müssen.
2. Was ist zu tun?
a. Fragestellung
Für Beschäftigte, die
- sich nicht (mehr) gegen COVID-19 impfen lassen wollen, oder gegen COVID-19 geimpft sind, dies aber nicht offenbaren wollen,
- von COVID-19 genesen sind, dies aber nicht offenbaren wollen,
- sich aus gesundheitlichen Gründen nicht gegen COVID-19 impfen lassen können, dies aber nicht offenbaren wollen,
(folgend – ungeimpfte Beschäftigte – genannt) stellt sich die Frage, was auf sie zukommen könnte, und welche Handlungsoptionen bestehen.
b. Handlungsoptionen
aa. Es wird verschiedentlich geraten
- sich arbeitssuchend zu melden
- ein Zwischenzeugnis anzufordern.
Der Hintergrund dieser Aktionen ist rein politisch motiviert. Die rechtliche Situation der ungeimpften Beschäftigten im Gesundheitswesen oder der Pflege verbessert sich dadurch nicht. Im Gegenteil wird der Arbeitgeber vorgewarnt und kann sich auf den Ausfall des Beschäftigten vorbereiten. Die Meldung als arbeitssuchend ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was vom Beschäftigten eigentlich gewollt ist. Der Beschäftigte möchte ja eigentlich bleiben, oder?
bb. Beschäftigte, die bisher gefälschte Nachweise über eine Impfung vorgelegt haben, sollten Ihre Strategie überdenken. Wir raten dringend von der Vorlage gefälschter Dokumente ab. Dies gilt auch im Hinblick auf den Genesenenstatus.
cc. Eine Eigenkündigung zum 15. März 2022 aussprechen bzw. einen Aufhebungsvertrag abzuschließen, erscheint uns verfrüht. Einerseits ist der Beginn der Impfpflicht zwar nicht mehr weit. Andererseits aber ist die rechtliche Lage in großen Teilen ungeklärt, kompliziert und ändert sich ständig.
Hinzu kommt, dass es bei Eigenkündigungen (und auch bei Aufhebungsvereinbarungen!) regelmäßig zur Verhängung einer Sperrzeit durch das Arbeitsamt kommt. In der Regel werden Beschäftigte rechtlich besser dastehen, wenn sie sich kündigen lassen. Beschäftigte, die diesen Weg gleichwohl gehen wollen, sollten sich vorher anwaltlich beraten lassen.
dd. Wir raten daher allen betroffenen ungeimpften Beschäftigten zunächst einmal abzuwarten.
Vielleicht ist es eine gute Idee, vorsichtshalber eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen, um später ggf. Anwalts- und Gerichtskosten nicht tragen zu müssen? Diese würde aber auch allenfalls die Kosten nach Ablauf von drei Monaten nach Versicherungsbeginn tragen. Zudem gilt es zunächst nur die Zeit bis zum 31. Dezember 2022 zu überbrücken.
3. Ausblick
Sind dann ungeimpfte Beschäftigte tatsächlich wegen fehlendem Nachweis des vollständigen Impfschutzes von Abmahnung, Kündigung oder Freistellung ohne Entgeltfortzahlung etc. oder von Verfügungen des Gesundheitsamtes betroffen, sollten sie sofort einen Anwalt einschalten. Bei Kündigung durch den Arbeitgeber erteilen wir betroffenen Arbeitnehmern eine kostenlose Erstberatung. Die Rechtslage ist kompliziert und viele arbeitsrechtliche Fragen sind ungeklärt. In der Regel dürfte der Beschäftigte daher gute Chancen haben, vor den Gerichten Recht zu bekommen.