893.000 Euro Schmerzensgeld wegen Mobbing?

Eine bei der Stadt So­lin­gen an­ge­stell­te Rech­nungs­prü­fe­rin ver­langt ein re­kord­ver­däch­ti­ges Schmer­zens­geld wegen Mobbing. Sie klagt in der Be­ru­fungs­in­stanz vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt auf fast 900.000 EUR Schmer­zens­geld we­gen an­geb­li­chen Mob­bings.

Verfasst von Rechtsanwalt Martin Bechert 5. Mai 2013 · Aktualisiert: 30. Januar 2024

Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 08.01.2013

Schmerzensgeld wegen Mobbing

Die bei der beklagten Stadt beschäftigte Arbeitnehmerin ist Diplom-Ökonomin und seit dem 01.11.1997 als vom Rat der Stadt bestellte betriebswirtschaftliche Prüferin tätig. Sie ist der Ansicht, sie sei seit dem Jahre 2008 fortlaufend Schikanen ausgesetzt, die sie als Mobbing wertet. Sie begehrt deshalb ein Schmerzensgeld in Höhe von 893.000 Euro. Zusätzlich verlangt sie ab dem 01.05.2010 Vergütung gemäß der Entgeltgruppe 13 TVöD und nicht wie bislang gemäß der Entgeltgruppe E 11 TVöD. Beiden Begehren widerspricht die beklagte Stadt.

Das Arbeitsgericht Solingen hat die Klage mit Urteil vom 03.02.2012 abgewiesen und dies unter anderem wie folgt begründet:

Die Arbeitnehmerin habe kein Gesamtverhalten der beklagten Stadt darlegen können, das auf eine systematische Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts und/oder ihrer Gesundheit abzielte. Wenn sie die Arbeitnehmerin an einem Nachmittag in ihrer Dienststelle nicht antraf, sei sie trotz bestehender flexibler Arbeitszeit zur Nachfrage berechtigt gewesen, wo sie gewesen sei. Soweit die Arbeitnehmerin kritisiert worden sei, stelle nicht jede unberechtigte Kritik, überzogene Abmahnung oder unwirksame Kündigung eine Persönlichkeitsverletzung dar. Die fristlose Kündigung vom 19.10.2009 sei kein Mosaikstein im Rahmen eines Mobbingverhaltens.

Zwar habe die beklagte Stadt den Arbeitszeitbetrug letztlich nicht nachweisen können und die Arbeitnehmerin den Kündigungsschutzprozess gewonnen. Es habe aufgrund der Beobachtungen der beklagten Stadt über die Anwesenheit der Arbeitnehmerin am Arbeitsplatz und die Arbeitszeitaufzeichnungen für die Kündigung aber zumindest einen nachvollziehbaren Anlass für die Kündigung gegeben. Soweit es nach dem erfolgreichen Kündigungsschutzverfahren zu Streitigkeiten über die Arbeitsbedingungen der Klägerin gekommen sei, sei die Situation dadurch geprägt, dass die Arbeitnehmerin und die Stadt bislang keinen Weg gefunden hätten, die entstandene Konfliktsituation zu lösen. Ein Tatbestand, der eine Schmerzensgeldzahlung begründe, sei damit nicht gegeben.

Mit der Berufung verfolgt die Arbeitnehmerin ihr Begehren weiter.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 17 Sa 602/12 am 08.01.2013 um 11.30 Uhr in Saal 107
Urteil, Arbeitsgericht Solingen – 3 Ca 1050/10 – vom 03.02.2012