Urlaub nach fristloser Kündigung

Im Fall einer arbeitgeberseitigen Kündigung ist der Arbeitgeber daran interessiert zusätzlich den nach Ausspruch der Kündigung anfallenden Lohnkosten, am Ende des Arbeitsverhältnisses, nicht auch noch eine Urlaubsabgeltung zahlen zu müssen. Es ist daher üblich, dass Arbeitgeber den Arbeitnehmer*innen unter Anrechnung der restlichen Urlaub innerhalb der Kündigungsfrist freistellen.

Verfasst von Rechtsanwalt Martin Bechert 18. Februar 2015 · Aktualisiert: 30. Januar 2024

Kündigt ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aber fristlos sowie hilfsweise ordentlich unter Wahrung der Kündigungsfrist stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber der Arbeitnehmer*in für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung Urlaub gewähren kann, wenn sich herausstellt, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam ist.

Urlaub nach fristloser Kündigung

Der Arbeitnehmer*in war beim Arbeitgeber seit 1987 beschäftigt. …

Mit Schreiben vom 19.05.2011 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung und hilfsweise fristgemäß zum 31.12.2011.

Im Kündigungsschreiben heißt es:
„Im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung werden Sie mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung freigestellt.“

Im Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem sie die wechselseitigen Ansprüche regelten. Im Nachgang verlangte der Arbeitnehmer*in vom Arbeitgeber die Abgeltung von 15,5 Urlaubstagen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.

Die Entscheidung:

Der Arbeitgeber hatte vor dem Bundesarbeitsgericht zwar Erfolg. Aber das Gericht stellte fest, dass der Arbeitgeber mit der Freistellungserklärung im Kündigungsschreiben den Anspruch des Arbeitnehmer*in auf bezahlten Erholungsurlaub mangels einer vorbehaltlosen Zusage von Urlaubsentgelt nicht erfüllt habe. Nach § 1 BUrlG setzt die Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub neben der Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung auch die Zahlung der Vergütung voraus. Deshalb gewährt ein Arbeitgeber durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub, wenn er dem Arbeitnehmer*in die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt. Die Klage war nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts aber im konkreten Fall gleichwohl abzuweisen, weil die Parteien in dem vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich ihre Ansprüche abschließend geregelt hatten. Diese Regelung schloss den Verzicht des Arbeitnehmer*in auf die Abgeltung des restlichen Urlaubs mit ein.

Das Fazit:

Kündigt ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos sowie hilfsweise ordentlich unter Wahrung der Kündigungsfrist und erklärt er im Kündigungsschreiben, dass der Arbeitnehmer*in für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung unter Anrechnung der Urlaubsansprüche von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wird, wird der Anspruch des Arbeitnehmer*in auf bezahlten Erholungsurlaub nicht erfüllt, wenn die außerordentliche Kündigung unwirksam ist.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.02.2015 – 9 AZR 455/13
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 14.03.2013 – 16 Sa 763/12