Bundesarbeitsgericht - Bezahlung von Umkleidezeit Rüstzeit Wegezeit bei der Polizei

Das An- und Ablegen während der Tätigkeit als Wachpolizist zu tragenden Uniform ist nur dann keine zu vergütende Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer die dienstlich zur Verfügung gestellten Umkleide- und Aufbewahrungsmöglichkeiten nicht nutzt, sondern sich im privaten Bereich umkleidet und rüstet.

Verfasst von Rechtsanwalt Martin Bechert 31. März 2021 · Aktualisiert: 14. Dezember 2021

Wachpolizisten ziehen vor das Arbeitsgericht

Das An- und Ablegen einer auf Weisung des Arbeitgebers während der Tätigkeit als Wachpolizist zu tragenden Uniform und persönlichen Schutzausrüstung nebst Dienstwaffe ist keine zu vergütende Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer die dienstlich zur Verfügung gestellten Umkleide- und Aufbewahrungsmöglichkeiten nicht nutzt, sondern sich im privaten Bereich umkleidet und rüstet.

Das Problem:

Häufig sind Arbeitgeber nicht bereit bestimmte Zeit zu vergüten. Arbeitnehmer erhalten dann kein Arbeitsentgelt für den Weg zur Arbeit, zum Umziehen oder dem Anlegen der Ausrüstung benötigen. Bestehen Arbeitnehmer auf ihr Geld bleibt letztlich nur die Möglichkeit das Arbeitsgericht entscheiden zu lassen.

Der Fall:

Zwei Berliner Wachpolizisten verlangten die Vergütung von Umkleide-, Rüst- und damit in Zusammenhang stehenden Wegezeiten. Auf Weisung des Landes Berlin müssen die Wachpolizisten ihren Dienst in angelegter Uniform mit dem Aufdruck POLIZEI antreten. Bei Dienstbeginn müssen auch die persönlichen Ausrüstungsgegenständen und die streifenfertige Dienstwaffe bereits angelegt sein. Es ist den Polizisten allerdings freigestellt, den Weg zur und von der Arbeit in Uniform zurücklegen. Das in einer Dienststelle zur Verfügung gestellte Waffenschließfach muss nicht genutzt werden. Für die Polizisten besteht auch die  Möglichkeit die Dienstwaffe bei sich zu Hause aufzubewahren und sich dort umzuziehen. Der eine Polizist hat davon Gebrauch gemacht. Der andere Polizist nutzt das dienstliche Waffenschließfach. Er muss deshalb allerdings von seiner Wohnung zum Einsatzort einen Umweg zurücklegen.

Das Landesarbeitsgericht hatte den Klagen zum Teil stattgegeben und Vergütung für die Umkleidezeiten zugesprochen. Die auf vollständige Vergütung der Wegezeiten gerichteten Klagen wurden dagegen im Wesentlichen abgewiesen. Nur soweit der eine Polizist einen Umweg zurückzulegen hatte, stellte das Landesarbeitsgericht die Vergütungspflicht fest.

Nötige Umwege zum Umkleiden sind vom Arbeitgeber zu vergüten

Die Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Landesarbeitsgericht in weiten Teilen bekräftigt. Das Umkleiden und Rüsten mit einer besonders auffälligen Dienstkleidung, persönlichen Schutzausrüstung und Dienstwaffe ist zwar grundsätzlich zu vergütende Arbeitszeit. Anderes gilt aber wenn der Arbeitnehmer eine dienstlich zur Verfügung gestellte Umkleide- und Aufbewahrungsmöglichkeit nicht nutzt. Dann steht dem Arbeitnehmer keine Vergütung für diese Zeiten zu. Ebenfalls nicht vergütungspflichtig ist die für das Zurücklegen des Wegs zur Arbeit von der Wohnung zum Einsatzort und zurück aufgewandte Zeit. Der Arbeitsweg zählt zur privaten Lebensführung. Dagegen ist die für einen Umweg zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs erforderliche Zeit zu vergüten, es handelt sich um eine fremdnützige Zusammenhangstätigkeit.

Fazit:

Mit den Entscheidungen bestätigt das Bundesarbeitsgericht im Wesentlichen seine bisherige Rechtsprechung. Gerade für Arbeitnehmer mit wechselnden Einsatzorten können diese Entscheidung weitreichende Folgen haben. Die für den Umwege zum Einsatzort aufgewendete Zeiten sind vom Arbeitgeber als Arbeitszeit zu vergüten. Daneben ist auch weiterhin grundsätzlich die Zeit zu vergüten, die ein Arbeitnehmer für das Umkleiden und das Anlegen der Ausrüstung benötigt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. März 2021 – 5 AZR 292/20 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.05.2020 – 10 Sa 1570/19 –

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. März 2021 – 5 AZR 148/20 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.11.2019 – 7 Sa 620/19 –